Die Presse-Debatte um das Mittelalter-Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance – Eine Diskursanalyse
Ein Gastbeitrag von Rudolf Inderst.
Rudolf Inderst (*1978) studierte Politische Wissenschaften, Neuere und Neueste Geschichte sowie Amerikanische Kulturgeschichte in München und Kopenhagen. Nach seinem Magister 2005 promovierte er sich über Vergemeinschaftungsprozesse in MMORPGs. 2019 beendete er seine zweite Dissertation an der Universität Passau zur Darstellung von Wissenschaft in digitalen Spielen, leitet seit 2013 das Ressort „Games“ des Kulturjournals nahaufnahmen.ch und arbeitet als Lehrbeauftragter mit Schwerpunkt Game Studies an verschiedene Hochschulen. Auf Twitter & XBL ist er als @benflavor zu finden.
Disclaimer: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung arbeitet er außerdem als International Community Strategist & PR Circuit Editor bei Koch Media / Deep Silver, dem Publisher von Kingdom Come: Deliverance.
Dieser Artikel stellt eine essayistisch gekürzte Version eines Forschungsartikels dar. Das Paper mit vollständigem Quellenverzeichnis steht hier zum Download.
Die Presse-Debatte um das Mittelalter-Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance
Aufgrund ihrer steigenden gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Bedeutung sind digitale Spiele seit der Jahrtausendwende auch zum Gegenstand geistes- wie sozialwissenschaftlicher Auseinandersetzung geworden: „Unter dem Etikett der Game Studies existiert eine ebenso junge wie heterogene Disziplin, die sich der Erforschung des Computerspiels verschrieben hat.“[1] Obgleich man den Game Studies eine Institutionalisierung in Form von Publikationen, Studiengängen und Konferenzen nicht absprechen kann, stellen sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich ein in sich konsistentes Fach, sondern „eher ein Sammelbecken unterschiedlicher theoretischer wie empirischer Perspektiven [dar], die scheinbar nur durch den Gegenstand, den sie in den Blick nehmen, verbunden sind“[2].
Zunehmend entdecken verschiedene Forschungsrichtungen das Feld der digitalen Spiele für sich und versuchen, neue Erkenntnisse zu gewinnen, aber auch eine Deutungs- und Kompetenzhoheit zu entwickeln.[3] Auch ein zunehmendes Interesse in der Geschichtswissenschaft ist attestierbar.[4] So urteilt die Historikerin Franziska Ascher in etwa: „Eine Auseinandersetzung mit Mittelalterdarstellungen in Computerspielen von Seiten der Geschichtswissenschaft darf als mittlerweile etablierter Teilbereich der Game Studies gelten.“[5] Zurückzuführen lässt sich dieses Interesse auch auf die zunehmende Zahl von Spielen, die in ein historisches Setting eingebettet sind und auch für dieses eine gewisse Authentizität beanspruchen.[6]
In einer Pressemitteilung des Vertriebs Koch Media zu dem Titel Kingdom Come: Deliverance[7] im Herbst 2016 wurde zum Beispiel das Spiel wie folgt beschrieben: Es handle sich um „ein Single-Player-, First-Person-, Open World-Rollenspiel. Datiert auf das Jahr 1403 bildet das Spiel Böhmen als Teil des mittelalterlichen, Heiligen Römischen Reichs ab und ist reichhaltig an historisch-authentischen Charakteren, Orten und Schlachten.“ Bereits vor und im Zuge der Veröffentlichung des Spiels im Februar 2018 war das Spiel Gegenstand einer ungewöhnlich lebendigen und meinungsstarken Diskussion in der deutschsprachigen Tages- und Publikumspresse[8]. Dies hatte, so die These der vorliegenden Arbeit, im Wesentlichen (neben dem ambitionierten Spiel selbst) mit dem kontroversen Auftritt beziehungsweise der Inszenierungspraxis des Studiochefs Daniel Vávra und seiner Auslegung wie Gestaltung eines „böhmischen Mittelalters“ zu tun.
Um die Debatte in ausgewählten Teilen zu erfassen, arbeite ich mit einer dem Arbeitsumfang entsprechenden Diskursanalyse. Dabei bilden fünf ausgewählte Online-Artikel der Tages- und Publikumspresse (aus Deutschland und Österreich) vor und in der Veröffentlichungsphase von Kingdom Come: Deliverance die Diskursfragmente im Diskurssektor der Spiele-Rezeption auf der Diskursebene Medien.[9] Vorangestellt wird der eigenen Untersuchung ein close reading des Produktes inklusive eines kurzen Pressewertungsspiegels.
Digitale Spiele als Träger von Bedeutung
Im vorliegenden Text gehe ich davon aus, dass Video- und Computerspiele eine Ausprägung medialer Texte darstellen. Diese Prämisse zieht unmittelbar die Frage nach sich, was unter dem Begriff des „Textes“ zu verstehen ist. Für das vorliegende Forschungsvorhaben ist es zielführend, für die Beantwortung ein Teilgebiet der Semiotik, nämlich das der Mediensemiotik heranzuziehen. Zielführend deshalb, da jene Strukturen und Bedeutungen der Zeichen in den Medien, die Prozesse ihrer Verbreitung, ihre Wirkung auf die Öffentlichkeit und einzelne Rezipienten im gesellschaftlichen Zusammenhang als vorrangige Gegenstände in den Blick nimmt.[10] Der Mediensemiotik habe ich bereits in meiner Dissertation ein Kapitel gewidmet, dass ich ebenfalls auf Language at Play veröffentlicht habe und auf das ich an dieser Stelle verweisen möchte.
Mediävalismus als Schnittstelle zwischen historischer Forschung und Populärkultur
Als fortschreitenden Prozess, „in dem Individuen in Kollektiven Mittelalter konstruieren“[11] beschreibt der Historiker Simon Hassemer den Kern des Mediävalismus. Der Verfasser teilt an dieser Stelle die Auffassung Hassemers, dass „die Materialien der Konstruktion im Wesentlichen durch den Input medialer Produkte der Populärkultur geliefert werden“, da nur diese eine große Masse an Rezipienten erreichen: „Die produzierten Bilder, Narrative und andere Gestaltungen lassen […] Überzeugungen entstehen, anhand derer im Diskurs „Mittelalter“ konstruiert wird.“[12] Video- und Computerspiele sind Teile eben jener Populärkultur; es ist in einem weiteren Schritt nur aber auszuleuchten, von welcher eben beschriebenen „Masse an Rezipienten“ man auszugehen hat.
Eingebettet in den mediävalistischen Komplex im Bereich der Spielerforschung ist die viel diskutierte Frage nach Authentizität. Im Folgenden sollen die Überlegungen Janko Dunker et al. für die anschließende Untersuchung einleitend sein.[13] Startpunkt einer Authentizitätsdebatte im Spiel seien die Erwartungen der Käufer: „Wer ein Historisches [sic!] Computerspiel spielt, verspricht sich erwartungsgemäß zweierlei: interaktiv etwas zu erleben und dabei einen irgendwie gearteten Geschichtsbezug geboten zu bekommen.“[14] Hierbei entstehe allerdings eine grundsätzliche Spannung, da das bereits Geschehene und Vergangene (also das Historische) interaktiven Gestaltungs- und Handlungsräumen (also dem Spielerischen) entgegentrete. Daher begreifen Dunker et al. Authentizität im Sinne einer Echtheitswirkung: „Das bedeutet, dass wir lediglich nachweisen, was das untersuchte Spiel selbst als seine Authentizität, mithin als seine Historizität und Erlebbarkeit markiert.“[15]
Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand Kingdom Come: Deliverance sind diese Ausführungen auch deshalb so fruchtbar, weil der Titel ein Authentizitätsversprechen als Marketing-Argument in Stellung bringt. Sofort fallen auf der offiziellen Spiele-Webseite kingdomcomerpg.com Begriffe wie „Realismus“ (als eine „Haupteigenschaften“ herausgestellt) oder „rekonstruiert“ ins Auge. Auch die PR-Abteilung des Publishers unterstreicht dies durch ihre Pressemittteilung vom Januar 2018, in der von einer „[r]iesige[n] realistische[n] Open World“ sowie „historische[r] Akkuratesse“ gesprochen und in Aussicht gestellt wird, „das Lebensgefühl der mittelalterlichen Welt Böhmens“ zu erleben. Dunker et al. argumentieren entsprechend: „Als Qualitätsmerkmale werden hier Realismus und historische ‘Echtheit’ ausgewiesen, das mitgelieferte Authentizitätsverständnis umfasst eine detailgetreue audio-visuelle Nachstellung der Vergangenheit ebenso wie ihr möglichst ‘echtes’ Nacherleben.“[16]
Einen möglichen Weg, um in dem beschriebenen Spannungsfeld zu navigieren, bietet die Unterscheidung von belegbarer und sinnlicher Authentizität an. Diese beiden Typen werden von Dunker et al. als Sphären beschrieben. Erstere erfasse als authentisch, was belegbar sei – dazu dienten historische Quellen und berufene Experten, während zweitere als authentisch begreife, „was so dargestellt ist, dass es ‘wie echt’ empfunden wird“; es geht also um die Schnittmengen und Beziehungen von kollektiven Vorstellungen und fundierten Wissensbeständen: „Beide Authentifizierungsweisen werden […] im Spiel produktiv als Rezeptionsanreize und zur Modellierung der Spielszenarien genutzt, sind aber auch verschränkt mit dem zugrundeliegenden Spielprinzip und den Möglichkeiten und Grenzen seiner technischen Umsetzung.“[17]
Diese Überlegungen münden in der Schlussfolgerung, welcher sich auch der Verfasser anschließen möchte, dass historische Computerspiele somit als „Transferbereich zwischen geschichtswissenschaftlicher Fachkultur und populärer Geschichtskultur“ zu deuten sind, in der die Authentizitätsinszenierung […] zuvorderst ein Übersetzungsakt mit […] obligatorischen Übersetzungswiderständen“, die durch die erklärende Sphärenaufteilung zwischen Fach- und populären Diskurs abgemildert werden können, darstellt.[18]
Das Fallbeispiel Kingdom Come: Deliverance
Kingdom Come: Deliverance ist ein digitales Rollenspiel[19], in dem Spieler durch die Augen des Schmiedesohns Heinrich eine Geschichte erleben, welche sich 1403 im Königreich Böhmen vor dem Hintergrund eines Thronstreits nach dem Tode Karl IV. sukzessive entfaltet. Den Schauplatz liefert die nachmodellierte Region entlang der Sasau, einem Nebenfluss der Moldau, etwa 40 Kilometer südöstlich von Prag entfernt. Die erkundbare Spielwelt umfasst, auf tatsächliche Verhältnisse umgemünzt, 16 Quadratkilometer mit einer großen Stadt, Wäldern, Burgen sowie vielen, mitunter verwüsteten, Dörfern und Weilern. Das Spiele-Skript umfasst insgesamt 1,1 Millionen Worte, welche in insgesamt drei Sprachen von einem Team von 50 Schauspielern aufgezeichnet wurden.[20] Spieler erfahren mit der folgenden Einleitung, die im Ganzen wiedergegeben werden soll, mehr über den Hintergrund und das Setting des Rollenspiels:
„Böhmen – Im Herzen Europas gelegen, ist das Gebiet reich an Kultur, Silber und imposanten Burgen. Der Tod seines geliebten Herrschers Karl des IV, stürzte das Königreich in dunkle Zeiten: Krieg, Korruption und Zwietracht zerklüften dieses Juwel des Heiligen Römischen Reiches. Wenzel, einer von Karls Söhnen, wurde zu seinem Nachfolger ernannt. Im Gegensatz zu seinem Vater ist er ein naiver, maßloser und wenig ambitiöser Monarch. Sigismund der Rote Fuchs – Wenzels Halbbruder und König von Ungarn – wittert dessen Schwäche. Gute Absichten vortäuschend reist Sigismund nach Böhmen und entführt seinen Halbbruder. Ohne König ist Böhmen Sigismund ausgeliefert, der das Reich auf seinen Raubzügen plündert und sich dessen [sic!] Schätzen bemächtigt.“[21]
Vor dieser inszeniert-historischen Kulisse erwarten den Spieler zahlreiche Aufgaben (in etwa Rohstoffgewinnung, Handel, Kämpfe oder das Aufklären von Verbrechen), die auf unterschiedliche Art und Weise – meist zwischen den Polen zurückhaltend-diplomatisch und offensiv-aggressiv – in Angriff genommen werden können.
Wie im Artikel zur Mediensemiotik erläutert stellen digitale Spiele zeichenhafte Äußerungen dar, die Medien, Kultur und Wirklichkeit in ihrem Entstehungs- wie Rezeptionsprozess in eine Art unauflösbaren Zusammenhang stellen. Entsprechend konzipiert Kingdom Come: Deliverance seine Heldenreise dergestalt, dass der Spieler zwischen den personalisierten Eckpfeilern seiner Zeitgeschichte – Wenzel und Sigismund – navigiert, wobei der Spielepilog einen Abschnitt enthält, der im Original-Entwicklerskript explizit als Asking about the politics betitelt wird. Die Entwickler entscheiden sich hier für eine Art erklärenden Mittelweg, der Spielfigur wie Spieler gleichzeitig nahelegt, dass beide Herrscher als Menschen mit Stärken und Schwächen zu verstehen sind. So urteilt der an die historische Persönlichkeit angelehnte Figur des Jobst von Mähren (1351-1411): „King Wenceslas unfortunately did not inherit his father’s gift for governing. Sadly, his failures have cost Bohemia, the nobles and our whole Luxembourg family a great deal of money and effort. He cares only for wine, women and the hunt. A king, in fact, who never wanted to be king“, während im Gegenzug die ebenfalls der Historie entnommene Figur des Ritters Racek Kobyla (?-1416) Wenzels Bruder mit den folgenden Worten beschreibt: „Sigismund is ambitious and capable. He might well make a better ruler than Wenceslas, but he’s arrogant and, to our misfortune, brutal.“[22]
Politik und Zeitgeschehen präsentieren sich in Kingdom Come: Deliverance folglich als ein nebulöses, schwer zu durchschauendes und vielleicht sogar unmöglich zu beeinflussendes Konglomerat wechselnder Loyalitäten und Akte der Hintergehung bedeutenderer Persönlichkeiten im Vergleich zum Protagonisten Heinrich, der nur durch Zufall in die für ihn als Sohn eines einfachen Schmieds außergewöhnliche Position gerät, Teil des politischen Adelsdiskurses zu sein. Hinter dem Titel, der im Februar 2018 nach siebenjähriger Herstellungszeit für den PC sowie die Videospielplattformen Xbox One und Playstation 4 erschien, stehen die in Prag angesiedelten Entwickler von Warhorse Studio.
Diskursanalyse
In seinem Vortrag Keep your Politics out of my Games! im Rahmen der FROG-Konferenz in Wien hielt der österreichische Historiker und Spieleforscher Eugen Pfister 2017 fest: „The defensive attitude when confronted with the idea of political content in video games is the result of a deep and wide-spread mistrust towards everything political […].“ Tatsächlich deutet Pfister hier auf einen Gesamtkontext hin, welcher für die vorliegende Diskursanalyse bedeutsam ist, um besser nachvollziehen zu können, unter welchen kulturellen sowie gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen er sich manifestiert und bewegt.
Etwas grundsätzlicher kann festgehalten werden, dass es für die Spieleindustrie ein herausfordernder und langer Weg war, bis eine deutsche Bundeskanzlerin nicht nur eine Messe für Video- und Computerspiele eröffnete, sondern auch dabei – so geschehen im Sommer 2017 in Köln im Rahmen der gamescom – erklärte, dass digitale Spiele nicht nur eine Begeisterung für Wissenschaft und Technik entfalten könnten, sondern, dass sie auch ein Kulturgut seien, welches „als Innovationsmotor und als Wirtschaftsfaktor von aller größter Bedeutung“ sei. Dabei dürfte für die vorliegende Untersuchung gerade das Wort „Kulturgut“ das bedeutsamste sein. Schließlich war lange Zeit in politischen Gremien, Ausschüssen und Institutionen diskutiert worden, ob man digitale Spiele den Status „Kulturgut“ zubilligen wolle – eine deutliche Weichenstellung fand schließlich in den späten 2000er-Jahren statt: „Im Sommer 2008 wurden die Entwickler von Videospielen in den Deutschen Kulturrat aufgenommen – der Rat hatte vorher schon oft wörtlich die These ‚Computerspiele sind Kulturgut’ vertreten und dies damit nur noch besiegelt.“[23]
Begründet wurde dieser Schritt, der ebenfalls die Tür für finanzielle Förderprogramme öffnete, hauptsächlich mit dem Argument, die Branche sei Auftraggeber für Künstler unterschiedlicher Sparten wie Designer, Drehbuchautoren bis hin zu Komponisten. Die politischen und gesellschaftlichen Reaktionen auf diesen Schritt fielen unterschiedlich aus – besonders engagierte und leidenschaftliche Spieler, die sich in den Jahren zuvor oftmals als stigmatisierte Gruppe wahrgenommen hatten – schließlich war deren primäre Freizeitbeschäftigung, je nach Kommentatorenschaft entweder belächelt oder sogar als Amoklauf initiierend dargestellt worden, blieben skeptisch und fragten sich, was konkret mit diesem Schritt der politisch-institutionellen „Kulturisierung“ denn gewonnen sei.[24]
Tatsächlich sollte sich im Laufe der Zeit diese Form der Skepsis insofern bewahrheiten, als dass Video- und Computerspiele tatsächlich vermehrt die Aufmerksamkeit von Forschenden und Nicht-Fachpresse auf sich zogen, die sich zu Zeiten der Jahrtausendwende vielleicht noch nicht sonderlich intensiv mit dem Gegenstand auseinandergesetzt hatten. Aus diesem Prozess wiederum entstammt eine für den Spielediskurs folgenreiche Ableitung, welche der Historiker und Journalist Felix Zimmermann wie folgt zusammenfasst: „[K]ulturelle Diskurse können nicht mehr als ungewollter Wurmfortsatz einer omnipräsenten Diskussion um wirtschaftliche Potenz und Nöte der Branche gedacht werden. Es wird klar, dass der Slogan „Kulturgut Computerspiel“ nicht mehr wie ein Banner vorneweg getragen werden kann, ohne dass sich daraus auch eine Verantwortung ergibt, Einflüsse und Botschaften des Mediums zu diskutieren“ – hier schließt sich der Kreis bezüglich der Eingangsworte Pfisters, wenn Zimmermann außerdem fordert, dass sich „laute Minderheiten in der Spielerschaft oder glattpolierte Publisher“ einer Diskussion des Politischen im Spiel nicht entziehen sollen.
Doch das Sich-Entziehen stellt nicht die eigentliche Herausforderung dar; es ist vielmehr das aktive Stören-Wollen dieser Entwicklung. So beschreibt der österreichische Kommunikationswissenschaftler und Spieleforscher Robert Glashüttner die aktuellen Grabenkämpfe zwischen Spielern und (Feuilleton-)Journalisten als „merkwürdige[n] Kulturkampf zwischen dünnhäutigen Individualisten und den sie herausfordernden Analysten“ und nennt dabei das Schlagwort „Gamergate“. Unter jenem läuft seit Beginn der 2010er-Jahre, inzwischen auf das Kleinste verästelt und in andere Bereiche des Politisch-Digitalen vordringend beziehungsweise sich manifestierend, eine heftige Online-Auseinandersetzung um die Deutungshoheit über das Medium.[25] Etwaige Grenzverläufe sind in der Gemengelage zwischen Spielern, Spiele-Entwicklern, Spiele-Publishern, Spielekritikern und Spieleforschern nur äußerst schwer auszumachen oder in der Rückschau zu abzubilden.
In seinem für die deutschsprachige Fach- wie Publikumspresse-Diskussion einflussreichen Artikel Das „authentischste“ Historienspiel aller Zeiten?! Die gewaltige Schräglage von „Kingdom Come: Deliverance beschreibt der Historiker Jan Heinemann den Warhorse-Studios-Mitgründer und Chef-Designer Daniel Vávra als essentiellen Teil der Problematik: „Alles beginnt mit Daniel Vávra.“ So führt er nicht nur an, dass der gebürtige Tscheche auf seinem privaten YouTube-Account Videobeiträge als Favoriten markiert hat, „in denen Verstöße gegen Genderrichtlinien gefeiert werden oder ‚white supremacy’ als Mythos bezeichnet und als gesellschaftliches Phänomen in Abrede gestellt wird“, sondern er weist ebenfalls auf einen onlinegeführten Streit zwischen Vávra und Teilen der US-Spielepresse um die Abstinenz von people-of-color-Spielfiguren (in dem Rollenspiel Witcher 3) auf dem Kurznachrichtenportal Twitter hin und attestiert ihm ein „eurozentristisches und gleichsam rassistisches, weil exklusiv „weiß“ gedachtes Geschichtsbild.“[26] Als eine Art von Klammer fungiert für den Historiker schließlich die Gamergate-Bewegung, zu der er den Studiochef zählt: „Daniel Vávra ist einer von ihnen. Und das sagt er auch ganz öffentlich. [Er relativiert dabei] ganz freimütig Sexismus, Rassismus und andere Diskriminierungsformen und vollzieht eine Täter-Opfer-Umkehr, indem er sich und seine künstlerische Freiheit und Redefreiheit als durch den Mainstreamjournalismus bedrängt inszeniert.“[27] Heinemann lässt wenig Zweifel an seiner Prämisse erkennen, dass „Autor“ und „Werk“ in einer starken und wirkmächtigen Verbindung gelesen werden müssen.[28]
Nimmt man also nun diese Einführung als Grund- und Ausgangslage, soll als erstes Fragment der Artikel Der ganze Muff des Mittelalters von Matthias Kreienblick, der auf Zeit Online erschien, in den Blick genommen werden. Kreienblick eröffnet seine Besprechung mit einem grundsätzlichen Dilemma, vor dem alle Spiele mit einem historischen Setting stehen: „Wie soll ein Videospiel vermeintlich geschichtlich authentisch sein, wenn es doch aus der Moderne gesteuert wird?“[29] Als große Stärke des Spiels macht er die Tatsache aus, dass man einen unbedeutenden Niemand spiele – somit werde die übliche Machtphantasie des Weltenretters erfolgreich in Frage gestellt. Einen Absatz später jedoch nennt er die „Krux des Spiels“ dessen „falsch verstandene Authentizität“ – und lässt dann seinen ersten Experten ausführen, wo die vermeintliche Herausforderungen liegen; dabei handelt es sich um Johannes Helmrath, Professor für mittelalterliche Geschichte an der Humboldt-Universität in Berlin, welcher bestätigt, dass der „Anspruch auf Authentizität […] immer verdächtig“ sei und dabei aktuelle Weltanschauungen zumeist übertragen würden, da das Mittelalter als Projektionsfläche für eine „dunkle, grausame“ oder eine besonders „bodenständige“ Epoche diene.[30] Der Zeit-Autor nutzt im Anschluss eine weitere Äußerung seines Experten („Die Frage ist doch immer: Was wurde [als Quelle] gewählt, was wurde ausgelassen?“), um eine Brücke vom Spiel zu Chef-Designer Vávra zu schlagen: „Vor der Veröffentlichung war also eine Frage, ob Vávra seine angenommenen politischen Einstellungen in das Spiel transportiert habe. Ob er ein mutmaßlich realistisches und authentisches Mittelalter konstruierte, um mit der Moderne abzurechnen“; diese Fragestellung lässt Kreienblick sich von einem Wunsch der Historikerin Angela Schwarz an der Universität Siegen flankieren, die fordert, dass die „Macher von Spielen stärker aus dem bisherigen Schatten heraustreten würden. Damit klarer wird, dass Videospiele von Menschen gemacht werden, die eigene Ansichten, Einstellungen und Visionen haben“.[31]
Allerdings: Kreienblick widerspricht dem an dieser Stelle naheliegenden Schluss beziehungsweise relativiert ihn. Ein offensichtliches Übertragen der persönlichen Ansichten, die der Zeit-Online-Autor als politisch rechts der Mitte verortet, auf das Spiel habe nicht stattgefunden – gleichzeitig schließt er jedoch mit einem deutlichen Ratschlag an die Entwickler: „Die Darstellung von Geschichte ist immer eine Inszenierung. Sie ist immer Auswahl, immer künstlich. […] [V]or allem muss Geschichte kritisch hinterfragt werden, es bedarf eines kreativen und künstlerischen Umgangs mit ihr, der auch eindeutig als ein solcher gekennzeichnet ist.“
Für die Süddeutsche Zeitung sieht sich Caspar von Au das Rollenspiel in seinem Artikel Überall nur weiße Ritter an. In der Besprechung fällt auf, dass auch hier nicht nur auf die Person Vávra eingegangen wird, sondern explizit auf den Artikel des Historikers Heinemann verwiesen wird, welchen der SZ-Autor allerdings relativiert: „[G]enügt das, ein ganzes Spiel zur völkischen Fantasie eines Mannes zu erklären? Das Problem ist eher, dass sich die Entwickler keinen Gefallen damit getan haben, Kingdom Come: Deliverance als besonders realistisch und authentisch zu bewerben.“ Hier spricht von Au einen wichtigen Punkt an, der immer wieder – manchmal nüchterner in der Fachpresse, manchmal apologetisch seitens der Spielerschaft – ins Feld geführt wurde: 120 Menschen arbeiteten zusammen an dem Produkt über einen mehrjährigen Zeitraum und erschufen dergestalt die Spielwelt samt ihres spezifischen look and feel – somit sei der Einfluss eines einzigen, wenn auch führenden Entwicklers als begrenzt zu werten.
Der SZ-Autor begegnet der formulierten Authentizität im Übrigen von einer anderen Seite, nämlich der eines überforderten Spielers, der unter einem zu viel der vermeintlich guten Absichten leidet: „[D]ie angestrebte Authentizität trägt Schuld: Um von Dorf zu Dorf zu gelangen, muss Heinrich weite Wege […] nehmen. Das sind manchmal kilometerlange Umwege […]. Gerade zu Spielbeginn, als er noch kein eigenes Pferd hat, dauert das qualvoll lange“; später fügt er hinzu, dass dies auch für das Kampfgeschehen gelte.[32]
In Der Standard meldet sich hingegen Autor Rainer Sigl mit seinem Artikel Rechte Ideologie durch die Hintertür? wesentlich deutlicher zu Wort: „Dass sich Kreative wie Daniel Vávra nicht nur anhand ihrer Werke, sondern auch anhand ihrer Aussagen und Taten messen lassen müssen, ist keine radikale Forderung […], sondern schlicht die Konsequenz freimütig zur Schau gestellter Ideologie. Kein Werk entsteht unabhängig von seinem Schöpfer, dessen Ansichten, Meinungen und politischer Überzeugung […].“Dabei geht Sigl in seinen Ausführung nur noch sehr am Rand auf das Spiel selbst ein, sondern konzentriert sich voll und ganz auf die Person Vávra und deren Handeln. In diesem Zusammenhang beklagt er auch das zurückhaltende Verhalten der Spielepresse und mutmaßt, dass Politik beim Publikum nicht gut ankomme – die Phrase, es sei doch nur ein Spiel, könne nur noch als fadenscheinige Ausrede gelten. Wirft man einen Blick auf die fast 500 Leserkommentare, stellt man fest, dass Sigl mit seiner Einschätzung zumindest die Standard-Leserschaft nicht überzeugen konnte – viel eher schon reicht das Spektrum von Einspruch über Spott bis hin zur groben Beleidung, der hauptsächliche Vorwurf besteht darin, dass nicht das Spiel eine durch den Entwickler politisch aufgeladene Entität sei, sondern Sigls böswillige Interpretation es zu einem umgestalte.[33]
Interessanterweise bespricht derselbe Autor das Spiel ebenfalls für den österreichischen ORF – und kommt hier zu einem versöhnlicheren Fazit: Zwar verweist Sigl auch in diesem Artikel auf Heinemanns Ausführungen zur Person Vávras, erklärt aber auch, dass dessen reichweitenstarke Online-Entschuldigung „eine willkommene – und nötige – Klarstellung“ sei. Er relativiert sogar insofern seinen scharfen Der-Standard-Ton, indem er zugibt: „[D]as Spiel selbst beweist: Als ideologisch befrachtetes Vehikel war dieses Spiel wohl wirklich nicht gedacht.“ Allerdings bemängelt er nach wie vor die Naivität, mit der sich die Macher dem Thema beziehungsweise der Epoche Mittelalter annähern.
Sigl vergleicht Kingdom Come: Deliverance mit den vielen Mittelalterfestivals (samt deren Mühen und Detailversessenheit in Sachen Realienkunde[34]), wobei an dieser Stelle dabei die Äußerung Frank Böschs, Historiker und Direktor des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung, in den Sinn kommt: Das Objekt nämlich sei dasjenige, „dem die höchste Authentizität zugesprochen wird; wo die Detailgenauigkeit ganz stark überwiegt, während in anderen Formen etwa des Handelns, des sozialgeschichtlichen Kontext oder auch des Sprechens eine relativ große Toleranz besteht, wie genau Dinge rekonstruiert werden oder nicht.“[35]
Für den Deutschlandfunk bespricht schließlich Christian Schiffer das Rollenspiel in seinem Artikel Der interaktive Historien-Schinken und legt mit seinen Gedanken die unkritischsten Ausführungen in dem vorliegenden Diskurssektor vor: So wird zum Beispiel der Name Daniel Vávra nicht eigens erwähnt, stattdessen spricht er in einer Zwischenüberschrift von den Machern, welche sich um „historische Korrektheit“ bemühten und das Spiel beizeiten wie einen „begehbaren Wikipedia-Artikel“ erscheinen ließen. Auch auf den Heinemann-Artikel bezieht er sich nicht. Gleichzeitig assoziiert Schiffer, ähnlich wie SZ-Autor von Au, „realistisch“ im Spielablauf mit sperrig und herausfordernd: „Vieles, was in anderen Computerspielen auf Knopfdruck geschieht, ist hier kompliziert und schwierig […], sehr oft mühsam.“
An dieser Stelle ist an der Zeit, an das vorgestellte Authentizitätskonzept Janko Dunkers et al. zu rekurrieren und die Frage zu stellen, inwiefern dieses eine Rolle in den Legitimierungsausführungen des Warhorse-Studiochefs spielen kann. Zur Erinnerung: Es gibt eine sphärische Trennung zwischen belegbarer und sinnlicher Authentizität, und an dieser Stelle soll argumentiert werden, dass diese Trennung im Falle der Rechtfertigung vor allem bei Daniel Vávra zu beobachten ist.
Für die erste, die belegbare Sphäre, sind die geschichtswissenschaftlichen Forschungsanstrengungen zu benennen, die das Entwicklerstudio unternahm. Vávra selbst legte zum Beispiel ein paar seiner tschechischen, historischen Quellen offen und zitiert aus diesen, während er unterstreicht, dass bereits im Vorfeld der Programmierung „intensiv mit Historikern und historischen Quellen“ gearbeitet wurde und diese Zusammenarbeit nach ersten Vorwürfen eines weißen Eurozentrismus nochmals intensiviert worden sei.[36] Leider war es nicht möglich festzustellen, ob der Studiochef sich in seiner Recherche ausschließlich auf tschechische Darstellungen konzentrierte.
Auf die Interview-Frage nach einer Zusammenarbeit mit Historikern antwortete Tobias Stolz-Zwilling, zuständiger PR-Manager: „Wir haben eine Vollzeit-Historikerin im Team, die alle Design-Elemente im Spiel nachprüft und hinterfragt. Sie versichert, dass alles historisch akkurat oder zumindest nahe dran ist. Andererseits zieht sie auch Mitarbeiter von Universitäten, Museen und verschiedene andere kulturelle Quellen zu Rate.“ Auch der zuständige Nordamerika-Community-Manager Rick Lagnese verweist in einem US-Interview auf die Vollzeitkraft. Beide PR-Mitarbeiter sprechen hier von der Kunsthistorikerin und Team-Mitglied Joanna Nowak, die als „Historical Consultant“ auf der offiziellen Spieleseite vorgestellt wird und ihre Tätigkeiten in der Entwicklung wie folgt beschreibt: „[M]ostly I’m responsible for historical consultations, gathering text, and visual information that can […] be an inspiration for our game.“ Interessanterweise verzichten beide Warhorse-Kräfte darauf, die „Kunst“historikerin als solche auch klar zu benennen. Es bleibt jedoch mangels klarer Aussagen dazu Spekulation, ob dies absichtlich geschieht und der Eindruck erweckt werden soll, es bestehe am Ende wenig Unterschied in der fachlichen Kompetenz zwischen Mediävistik und Kunstgeschichte. Nicht zu klären war im Rahmen der Arbeit im Übrigen die Frage, ob Nowak nicht vielleicht eine mediävistische Kunsthistorikerin sei.
Als die herausforderndste Aufgabe beschreibt Nowak die Schwierigkeit, ihrem sozialen Umfeld klar zu machen, dass trotz der Anstrengungen, so historisch akkurat wie möglich in der Spielentwicklung zu arbeiten, Interpretation das entscheidende Schlagwort bleibe: „Each on of us interprets […]. [T]here is never one truth, one reality.“ Zweitens bedeute Spieleentwicklung letztlich auch Ressourcen-Management und damit einhergehend Kompromiss: „[W]e are limited by time, money, and the amount of people engaged in the project.“
Zu der zweiten, der sinnlichen Sphäre der Authentizität könnte in etwa Daniel Vávras Äußerungen zählen, die er im Streit mit der US-Spielepresse tätigte und dabei national-kollektive Wissensbestände gegen Polygon-Redakteur Arthur Gies in Stellung brachte: „Oh please Mr. American teach me about our history [eigene Hervorherbung]! I was only born on the borders of Bohemia, Germany and Poland so I dont [sic!] know shit“.[37] Als gebürtiger Tscheche liegt es im Falle des Studioschefs auch nahe, dieses deutliche Artikulation kulturellen Wissens in den Kontext nationalpatriotischen Traditionen Tschechiens zu stellen, welches sich zu historischen Figur Jan Hus’ (1370-1415) als „böhmische Identifikationsgestalt“[38] in Bezug setzen lässt. Der seitens des Historikers Thomas Krzenck als „Person, Priester, Professor, Polemiker und auch als Prophet“[39] beschriebene Hus wurde auf dem Konzil von Konstanz (1414-1418), welches von Sigismund einberufen worden war, verurteilt und hingerichtet. Der Herrscher „zog sich so die Rolle des Verräters zu und hatte zudem das tschechische Nationalgefühl verletzt.“[40] Das liegt auch daran, dass Hus freies Geleit vom Kaiser garantiert bekommen hatte.
Es bleibt freilich Spekulation, ob und wie viel Hus (Sohn eines Fuhrmanns) in Heinrich (Sohn eines Schmieds) in einem maßgeblich von einem tschechischen Leitentwickler ins Leben gerufene Spiel steckt, welches fast zur selben Zeit wie die 600-Jahr-Feiern zum Konstanzer Konzil erscheint.[41] Ergänzenswert ist, dass der Spieltitel an eschatologische Bilder der späten Hussitenzeit (vor allem die Taboriten) anklingt. Zuletzt sei im Übrigen ergänzt, dass die Wahrnehmung Vávras, die Übernahme des Rollenspiels als Forschungsgegenstand in ein universitäres Kurs-Curriculum sei eine Form der externen, zusätzlichen Authentifizierung, ebenfalls in diesen kulturell-psychologischen Wissenskomplex fallen mag.
Schlussbetrachtung
Der vorliegende Artikel hat mittels eines close–reading– und Diskursanalyse-Ansatzes zu zeigen versucht, wie ausgewählte deutschsprachige Teile der Publikumspresse in ihren Besprechungen mit dem 2018 erschienenen Spätmittelalter-Computerrollenspiel Kingdom Come: Deliverance umgehen, das in Prag unter Leitung des in Tschechien geborenen Daniel Vávra entstand und zeitlich kurz vor dem Konstanzer Konzil in Böhmen angesiedelt ist.
Dabei hat sich gezeigt, dass es nicht nur für die Kritik herausfordernd ist, Werk (überwiegend ob seiner Technik, Mechanik und Spielmöglichkeiten gelobt) und Autor (überwiegend ob seiner politischen Ansichten in Frage gestellt) getrennt voneinander zu betrachten, sondern dass es generell nicht einfach ist, über Spiele mit einem historischen Hintergrund zu schreiben, ohne auf Authentizitätsdiskurse einzugehen.
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Fußnoten:
[1] Daniel Martin Feige: Computerspiele. Eine Ästhetik. Berlin, 2015. S. 10.
[2] Feige, 2015. S. 11.
[3]Vgl. Torill Elvira Mortensen: Perceiving Play: The Art and Study of Computer
Games. New York, 2009. S. 3.
[4] So rief in etwa der Workshop „Digitale Spiele vs. Geschichte“ an der Leibniz Universität Hannover im Dezember 2015 den Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele ins Leben. Dabei diskutierten die Teilnehmer in drei Panels das Digitale Spiel als neue historische Form, als Untersuchungsgegenstand sowie als mögliches Untersuchungsinstrument. Die Online-Präsenz ist hier zu finden: https://gespielt.hypotheses.org/
[5] Franziska Ascher/ Thomas Müller: Vom ‚Wigalois‘ zum ‚Witcher‘ – Mediävistische Zugänge zum Computerspiel. In: Paidia. Zeitschrift für Computerspielforschung. URL: http://www.paidia.de/sonderausgaben/sonderausgabe-mediaevistische-zugaenge-zum-computerspiel/ Erstellt: 28.09.2018. Letzter Zugriff: 10.01.2019.
[6] Vgl. Tim Raupach: Authentizität als Darstellung interaktiver Simulationsbilder populärer Videospiele mit historischem Setting. S.99-117. In: Florian Kerschbaumer/ Tobias Winnerling (Hg.): Frühe Neuzeit im Videospiel. Geschichtswissenschaftliche Perspektiven. Bielefeld, 2014.
[7] Warhorse Studios: Kingdom Come: Deliverance. Deep Silver, 2018. Es sei an dieser Stelle erlaubt, zu erläutern, dass das Angabenschema für digitale Spiele folgendermaßen aufgeschlüsselt ist: [Entwicklerstudio: Titel. Publisher/Vertrieb, Erscheinungsjahr.]
[8] Auch in der Spiele-Fachpresse war die beschriebene Diskussion präsent, allerdings ist es immer noch ungewöhnlich, kontroverse Spielethemen abseits der Special-Interest-Presse verhandelt zu sehen. Vgl. Nicolas Freund: Als Kulturgut nicht ernst genommen. In: Süddeutsche.de URL: https://www.sueddeutsche.de/kultur/computerspiele-kulturgut-autoren-1.4280636 Erstellt: 10.01.2019 Letzter Zugriff: 11.01.2019.
[9] Vgl. Andreas Hepp: Cultural Studies und Medienanalyse. Eine Einführung. Opladen/Wiesbaden, 1999. S.262-270.
[10] Vgl. Winfried Nöth: Mediennachbarwissenschaftten II: Semiotik. S. 281–287. In: Joachim Felix Leonhard (Hg.): Medienwissenschaft: ein Handbuch zur Entwicklung der Medien und Kommunikationsformen. Berlin, 1999. S. 283.
[11] Hassemer, 2014, S.42.
[12] Ebd.
[13] Janko Dunker/ Benjamin Dupke/ Stefanie Reinhold u.a.: Erlebbares Mittelalter? Inszenierte Authentizität am Beispiel der Schlacht von Hastings in Medieval II: Total War. In: Portal Militärgeschichte. Arbeitskreis Militärgeschichte e.V. URL: http://portal-militaergeschichte.de/dunker_mittelalter Erstellt: 27.02.2017 Letzter Zugriff: 02.11.2018.
[14] Ebd.
[15] Ebd.
[16] Dunker, 2017. Wobei angemerkt sei, dass – von der Reenactment-Kultur aus gedacht – das Nacherleben ein Schritt mehr als der Realismus ist.
[17] Ebd.
[18] Ebd.
[19] Auch wenn innerhalb der Games Studies der Genre-Begriff nicht unumstritten sind, kann als Orientierung festgehalten werden: „Als digitales Rollenspiel […] wird grundlegend eine Spielform bezeichnet, in der ein Spieler die Kontrolle über eine heroische Figur […] oder eine gesamte Heldengruppe übernimmt. Zu Beginn ist die Figur in der Regel eher schwach […]. Durch das Erledigen von Aufgaben (quests) und/oder das Besiegen von Gegnern wird die Heldenfigur zunehmend mächtiger […]. Erzählerisch gehören Rollenspiele zur Kategorie der Adventures, da sie sich durch eine epische Geschichte auszeichnen, die der Spieler durch sein Handeln vorantreiben kann. Diese sind dabei überwiegend dem Fantasy- oder Science-Fiction-Genre entnommen, können aber auch in einem historischen Kontext wie dem Mittelalter oder der Antike angesiedelt sein.“ [-]: Rollenspiele. In: klicksafe.de. URL: https://www.klicksafe.de/themen/digitale-spiele/digitale-spiele/genres/rollenspiele/ Erstellt: [o.J.] Letzter Zugriff: 13.01.2019.
[20] Vgl. Thomas Ruch: Kingdom Come Deliverance: Details zum neuen Patch 1.03 und interessante Fakten aus der Entwicklung. In: Play3.de URL: https://www.play3.de/2018/02/16/kingdom-come-deliverance-details-zum-neuen-patch-1-03-und-interessante-fakten-aus-der-entwicklung/ Erstellt: 16.02.2018 Letzter Zugriff: 01.01.2019.
[21] Warhorse Studios (Hg.): Ein realistisches First-Person RPG, das dich ins mittelalterliche Europa entführt. In: Kingdome Come: Deliverance URL: https://www.kingdomcomerpg.com/de Erstellt: 2017 Letzter Zugriff: 10.01.2018.
[22] Warhorse Studios, 2018.
[23] Thomas Lindemann: Wir wollen Games, die den Intellekt nicht beleidigen. In: Zeit.de URL: https://www.zeit.de/digital/games/2013-07/games-kulturgut-debatte Erstellt: 25.Juli 2013 Letzter Zugriff: 18.09.2018.
[24] Vgl. Thekla Jahn: Tagung zum Kulturgut Computerspiel. In: Deutschlandfunk. URL: https://www.deutschlandfunk.de/tagung-zum-kulturgut-computerspiel-computerspiele-sind-in.807.de.html?dram:article_id=395892 Erstellt: 14.09.2017 Letzter Zugriff: 09.01.2019.
[25] Vgl. Andrea Braithwaite: It’s About Ethics in Games Journalism? Gamergaters and Geek Masculinity. In: SAGE Journals. URL: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/2056305116672484?icid=int.sj-abstract.similar-articles.1#articleCitationDownloadContainer Erstellt: 07.10.2016 Letzter Zugriff: 08.01.2019.
[26] Ebd.
[27] Ebd.
[28] Eine strukturell ähnliche Debatte wurde in Spieler- und Spieljournalismuskreisen übrigens geführt, als Ende 2018 der Titel Red Dead Redemption 2 erschien und zwar jede Menge Verkaufsrekorde brach, gleichzeitig aber auch bekannt wurde, dass nach Aussage des Studiogründers Dan Houser „die Entwickler zuletzt bis zu 100 Stunden pro Woche gearbeitet hätten.“ Hier steht somit die Frage im Raum, ob man das Werk getrennt von seinen – aus Arbeitnehmersicht schwierigen – Produktionsbedingungen rezipieren kann oder vielmehr soll (und welche Kundenverhaltens-Konsequenzen das womöglich nach sich zieht). Vgl. Marijam Didžgalvytė: Internationale Branchen-GewerkschaftSpiele-Entwickler aller Länder, vereinigt Euch! In: Deutschlandfunk Kultur URL: https://www.deutschlandfunkkultur.de/internationale-branchen-gewerkschaft-spiele-entwickler.2156.de.html?dram:article_id=431308 Erstellt: 23.10.2018 Letzter Zugriff: 20.01.2019.
[29] Ebd. Es sei angemerkt, dass vor dieser Herausforderung jedes Reenactment, jeder Versuchsaufbau und letztlich auch HistorikerInnen stehen.
[30] Ebd.
[31] Ebd. Im deutschsprachigen Raum dürfte der auf einer Tagung im Jahr 2008 basierende Sammelband “Wollten Sie auch immer schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen?”. Eine fachwissenschaftliche Annäherung an Geschichte im Computerspiel, der unter der Ägide der Historikerin entstand, eine Veröffentlichung mit Leuchtturm-Charakter für den Forschungsgegenstand digitales Spiel gewesen sein.
[32] von Au, 2018.
[33] Ebd.
[34] Es sei ergänzt, dass diese Festivalgattung freilich mittlerweile über eine enorme Bandbreite verfügt – somit ist eine Verallgemeinerung praktisch ausgeschlossen.
[35] Christian Forberg: Geschichts als Erlebnis. Mittelaltermarkt, Ritterturnier und nachgestellte Schlachten. In: Deutschlandfunk URL: https://www.deutschlandfunk.de/geschichte-als-erlebnis-mittelaltermarkt-ritterturnier-und.1148.de.html?dram:article_id=291622 Erstellt: 10.07.2014 Letzter Zugriff: 21.01.2019.
[36] Vgl. Klinge, 2018. Vávra ergänzte, dass mit 20 unterschiedlichen Experten zusammengearbeitet worden sei, die meisten davon „top experts from universities“. Daniel Vávra (@DanielVavra): „We worked with almost 20 experts on different fields depending on what we needed at the moment. Most of them top experts from universities, Institute of archeology etc.“ In: Twitter URL: https://twitter.com/DanielVavra/status/974529921555996672 Erstellt: 16.03.2018 Letzter Zugriff: 20.01.2019
[37] Heinemann, 2018.
[38] Jaroslav Šebek: Transformationen der tschechischen Erinnerungskultur an Jan Hus. In: Religion & Gesellschaft in Ost und West. S.23-25. In: Religion und Gesellschaft in Ost und West, Nr. 3/2015. S.25.
[39] Thomas Krzenck: Rezension über: Thomas A. Fudge, Jan Hus. Religious Reform and Social Revolution in Bohemia. S.477-480. In: Bohemia, Nr. 51 /2011. S. 478.
[40] Daria Dittmeyer: Gewalt und Heil. Bildliche Inszenierungen von Passion und Martyrium im späten Mittelalter. Köln/Weimar/Wien, 2014. S.132.
[41] Es mutet in diesem Zusammenhang beinahe kurios an, dass Heinrich seine Eltern im Spiel in einem Überfall verlor, während der Historiker Thomas A. Fudge Hus als „among the orphans of the vanishing Middle Ages“ beschreibt. Thomas A. Fudge: Jan Hus: Religious Reform and Social Revolution in Bohemia. London, 2010. S.2.
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