Pascals 2024 im Rückblick: Ein beruflicher Einschnitt, Premieren und Teamzuwächse
Rückblicke serviert man bekanntlich kalt. (Das ist ein vollkommen übliches Sprichwort, schaut es nicht nach.) Und weil aus dem frostigen München aktuell alles kalt hervorkommt – und nicht etwa, weil ich aufgrund anderer Verpflichtungen wie dem jährlich großartigen Polyneux-Jahresrückblick bisher nicht dazu kam, eine Jahresübersicht zu schreiben – möchte ich euch mit auf eine Reise durch mein Jahr 2024 nehmen. Denn obwohl das neue Jahr bereits angebrochen ist, war 2024 ein so einschneidendes Jahr für mich und meine Zukunft, dass es mir wichtig war, diesen Artikel zu schreiben. Tatsächlich ist die Situation eine ganz ähnliche wie Anfang 2022, als ich zuletzt einen solchen Jahresrückblick über 2021 schrieb. Falls ihr den damaligen Artikel also kennt, ergo schon so lange dabei seid, an dieser Stelle schon einmal ein dickes Danke!
Ein Wechsel im Arbeitsleben
Zum Dezember 2024 ging meine fast dreijährige Arbeit bei GamesMarkt zu Ende. Unfreiwillig, da der hinter dem Magazin stehende Verlag im Zuge eines langen Insolvenzverfahrens meine Stelle eingespart hat. Das habe ich wirklich sehr bedauert, denn sowohl die Arbeit als auch die Kolleg*innen im Team waren mir sehr lieb. Euch ist vielleicht in den letzten Jahren aufgefallen, dass ich verhältnismäßig wenige wissenschaftskommunikative Artikel geschrieben habe, oft nur eine handvoll pro Jahr, aufgehängt an großen Releases. Wenn euch das nicht akut aufgefallen ist habe ich etwas richtig gemacht, beziehungsweise eher die zahlreichen Mitschreibenden und Gastautor*innen, denn an Artikeln hat es über die Jahre dank vieler Einreichungen nie gemangelt! Noch etwas, über das ich unglaublich dankbar bin. Dennoch, mein eigener Output für Language at Play hatte nachgelassen. Aus dem schlichten Grund, dass ich bei GamesMarkt die Gelegenheit hatte, viele der Themen für ein Fachpublikum zu platzieren, den gesamten Bereich der Berichterstattung über universitären Nachwuchs in der Gamesindustrie dort überhaupt erst aufzubauen und viele weitere tolle Dinge zu schreiben. Und ganz realistisch gesprochen: Nach acht Stunden Redaktionsarbeit am Tag war abends und am Wochenende einfach kaum mehr Gelegenheit, ein weiteres Schreibhobby zu verfolgen.
Bei GamesMarkt haben wir 2024 einige Dinge erreicht, auf die ich enorm stolz bin. Im März und April haben wir die gesamte Seite und alle Printpublikationen von Deutsch auf Englisch umgestellt, darunter auch mein im Juni erschienenes Heft Working in Games über die Ausbildung im Gamesbereich. Ich war im letzten Jahr auf unzähligen Gamesveranstaltungen von Bayern bis Berlin und von Lissabon bis Poznan und habe live berichtet, habe wie in den beiden Jahren zuvor mit dem Team die gamescom daily Printmagazine live auf der größten Messe der Welt produziert und mehr. Einige meiner besten Kommentare und Reportagen sind in diesem Jahr entstanden: Ein Deep Dive in das Kleinkinderverbot auf der gamescom samt Gespräche mit Betroffenen etwa, ein Interview über die europäische Gameslandschaft mit Entwicklerlegende John Romero oder verschiedene Umfrageauswertungen zu den Gehältern der Gamesbranche etwa.
All das hat Schreibressourcen benötigt, die ich dann natürlich nicht anderweitig, etwa hier, nutzen konnte. Viel der verbleibenden Energie habe ich zudem in akademische Texte für Printpublikationen gesteckt, um in den Game Studies am Ball zu bleiben.
Nun sind diese Kapazitäten zunächst wieder da. Aktuell bin ich auf der Suche nach etwas Neuem, am liebsten mit Bezug zu Games und den Game Studies. Vielleicht gelingt es mir ja, meine Dissertation zu beginnen? Wir werden sehen, was kommt. Wen meine Idee von der Arbeit in der Wissenschaftskommunikation samt einer Prise Einordnung der aktuellen Gamesbranche interessiert, der*die kann sich mein Podcastgespräch mit Dom Schott bei Ok Cool anhören, der mich freundlicherweise direkt nach Ende meines Jobs als Gesprächspartner angefragt hatte.
Premieren in Print
Abseits der Arbeit in der Branchenpresse war ich wie erwähnt vor allem in akademischen Publikationen aktiv. 2024 erschienen einige der Papers und Kapitel, auf die ich wohl mein Leben lang stolz sein werde, erst recht, weil ich sie neben dem Vollzeitjob geschafft habe. Allen voran wäre da mein Kapitel zur Atomsemiotik in den Fallout-Spielen im Sammelband Old World Blues: ›Fallout‹ und das Spiel mit der Postapokalypse, herausgegeben von meinen beiden langjährigen Kollegen Arno Görgen und Rudolf Inderst. Nicht ist der Sammelband eine Schatztruhe großartiger Artikel über eine meiner liebsten Spielwelten aller Zeiten, ich konnte darin auch ein Thema verarbeiten, an dem seit 2018 herumdenke. Die Atomsemiotik hat mich fasziniert, seit ich während einer Literatursuche für ein Seminar über etwas völlig anderes in der Bibliothek über den Sammelband Warnungen an die ferne Zukunft – Atommüll als Kommunikationsproblem von Roland Poser gestolpert bin. Den habe ich von vorne bis hinten verschlungen, was mir bei Sammelbänden sonst eher selten passiert. Viele der darin beschriebenen Möglichkeiten, Atommüllendlager davor zu schützen, in einer potenziellen Postapokalypse arglos geöffnet zu werden, konnte ich in diesem Text nun auf die Fallout-Welt übertragen. Noch toller: Auf der kurioserweise thematisch perfekt passenden FROG 2024 zur Postapokalypse durfte ich den Text nicht nur vorstellen, während als Keynotespeaker ein gewisser Josh Sawyer, Creative Director von Fallout: New Vegas im Publikum saß, sondern war auch Teil eines Panels über den Sammelband, dem neben den beiden Herausgebern auch tolle Mitautor*innen am Sammelband angehörten!
Mindestens ebenso stolz bin ich über eine richtige Premiere, die dieses Jahr passierte: Ich habe mein allererstes Handbuch-Kapitel überhaupt geschrieben. Als Gamesbranchenjournalist wurde ich von Sebastian Stoppl und Benjamin Bigl angefragt, im Handbuch Game-Journalismus ein Kapitel über die Sprache des Gamesjournalismus beizutragen. Die perfekte Gelegenheit für eine Kombination aus Linguistik und Gamesjournalismus, fand ich! Ich bin sehr glücklich geworden über die Auswertung von Sprachmustern und die Tipps in der Publikumsansprache für verschiedene Formen des Gamesjournalismus, die ich dort vermitteln konnte, und hoffe, dass das Buch und das Kapitel vielen Menschen sehr nützlich werden.
Da akademische Veröffentlichungen außerdem sehr oft eine lange Vorlaufzeit haben, wurde in 2024 bereits der Grundstein für Publikationen in 2025 gelegt. Ein Text von mir wird in einem kommenden Sammelband über wichtige Spiele der Geschichte zu finden sein, ein weiterer außerdem zum ersten Mal in einem bei der Bundeszentrale für politische Bildung erscheinenden Titel – darauf freue ich mich extrem! Als Herausgeber habe ich mich zudem mit Franziska Ascher und Rudolf Inderst zusammengetan, um 2025 den ersten deutschsprachigen Sammelband zu Elden Ring herauszugeben; den Aufruf dazu habt ihr vielleicht hier auf Language at Play gesehen.
Ein Team im Wachstum
Wie erwähnt geschahen die meisten Meilensteine in 2024 außerhalb von Language at Play. Und doch ging es auch unserer kleinen Website nie besser. Immer wieder kommen Forschende und Studierende auf mich zu und wollen ihre Artikel und Papers bei uns veröffentlichen. Dass ich solche absolut großartigen und unglaublich wichtigen Forschungsarbeiten einmal veröffentlichen darf, hätte ich mir beim Anlegen des Blogs 2017 nicht träumen lassen können. Unsere Leser*innen-Zahlen wachsen stetig, selbst über Phasen hinweg, in denen weniger neue Texte veröffentlicht werden. Ich weiß von Kolleg*innen aus der Forschung und Freund*innen aus der Lehre, dass einige der Texte hier den Einzug in Uni-Leselisten gefunden haben, und darüber bin ich unglaublich dankbar und auch unglaublich stolz.
Und Stichwort Gastautor*innen: Manchmal werden solche dann auch noch Kolleg*innen. So geschehen in 2024 mit Alexander Bärtl, Linguist aus Dresden. Im Januar 2024 durfte ich eine Vorstellung seiner Master-Arbeit auf Empfehlung des hochgeschätzten Gameslinguistik-Professors Alexander Lasch hier veröffentlichen. Und seit Ende des Jahres ist Alexander nun fester Teil der Redaktion, wie ihr bereits in unserer Teamliste zu den Spielen des Jahres 2024 gesehen habt. Gemeinsam haben Jenni, Alex, Aurelia, Erik und ich einiges in Planung für das kommende Jahr, und ich freue mich tierisch darauf, zu sehen, wo wir Language at Play gemeinsam hinführen können.
Strahlende Zukünfte
Ein unbekanntes 2025 liegt vor uns. Für mich ist die berufliche Unsicherheit anstrengend, die aufgekommenen Möglichkeiten sind aber auch aufregend. Wir werden sehen, was kommt! Eines ist jedoch sicher: Language at Play geht weiter. Noch besser, noch öfter und noch schlauer als je zuvor. Weil Games klasse sind, weil sie es wert sind erforscht zu werden und weil wir mit ihnen so viele Dinge empathisch zeigen und spannend erklären können.
Wenn ihr bis hierhin gelesen habt, kann ich nur noch einmal Danke sagen. Bleibt bei uns, sagt uns was euch gefällt, was euch fehlt und was ihr gerne anders hättet. Macht mit, reicht eure Gastartikel ein und schlagt Themen vor. Teilt und folgt uns, aktuell vor allem auf BlueSky und LinkedIn, wo wir zwei relativ neue Accounts nutzen, nachdem Twitter unbenutzbar geworden ist. Wir freuen uns über euch. Habt ein tolles Jahr.