Senunas Opfergaben: Was Senuas Name in Hellblade zu bedeuten hat
Eine keltische Kriegerin, die von ihrer piktischen Heimatinsel aufbricht, um im Totenland der nordischen Wikinger ihren Gatten zu finden: Das verspricht einen Mix an Kulturen, denn Hellblade: Senua’s Sacrifice zu inszenieren weiß. Die Durchdringung der über Erzählungen an sie herangetragenen germanischen Mythenwelt aus der Außenseiterperspektive der Pikten stellt ein zentrales Stilmittel für Senua’s Reise durch die Unterwelt dar, die ich an anderer Stelle bereits mit Dante Alighieris Commedia in Verbindung gesetzt habe.
In diesem Szenario ist die Auswahl an dargestellten und namentlich genannten Phänomenen und vor allem Göttern besonders wichtig für die Erzählung, denn wie auch in anderen polytheistischen Religionen stehen die germanischen Götterfiguren symbolisch für irdische Vorkommnisse. Für SpielerInnen, die Hellblade bereits kennen, ist es keine Überraschung, warum Valravn und Surt als Verbildlichung von Betrug und Feuer die erste Hürde von Senuas Reise darstellen.
Es fällt schon beim Spielen auf, dass der Name von Senuas Mentor Druth ebenso wie die Namen der Götter eine konkrete Bedeutung hat, während die Kriegerin selbst einzig für sich steht. Druth, das bedeutet Ausgestoßener, Verrückter, Weiser, je nachdem, wer den Namen ausspricht. Doch warum eigentlich Senua? Sicher lässt sich der Name doch zumindest als keltisch belegen, wenn er nicht gar doch eine bestimmte Bedeutung hat, oder?
Es stellt sich heraus, sehr zur Freude einiger heute aktiver Druiden-Religionsanhänger, dass Senuas Name eine augenzwinkernde Anspielen auf eine ganz eigene Götterfigur ist. Anfang der 2000er wurde nämlich der Schrein einer bis dahin unbekannten keltischen Göttin in England ausgegraben, die scheinbar ins römische Pantheon aufgenommen worden war – Senuna, die als Fluss- und Quellgöttin in Hertfordshire nördlich von London verehrt worden war und die unter anderem auch Weisheits- und Fruchtbarkeitssymbolik gehabt haben könnte. Das Augenzwinkern in Hellblades Benennung rührt daher, dass Senunas Schreininschriften zuerst als ‘Senua’ gelesen wurden, was vermutlich den alternativen Schreibweisen auf einigen Opfergaben entsprach. Was der Name genau bedeutet, ist nicht sicher; lediglich klar ist, dass er keltische Wurzeln haben muss und von den Römern ins Lateinische entlehnt worden ist. Ein Blick ins keltische Wörterbuch hilft hier nicht weiter, denn Senunas Name ist deutlich älter als die keltischen Spielarten, die wir heute identifizieren können. Ähnlich wie wir eine Vorsprache sehr grob konstruieren können, aus der sich all unseren heute bekannten romanischen, germanischen, slavischen und viele weiteren Sprachen entwickelt haben – das sogenannte Proto-Indoeuropäisch, also die Sprache(n) vor den indoeuropäischen Sprachgruppen – lässt sich das auch mit keltisch tun. Und im Proto-Keltisch finden wir eine Vorsilbe “*seno-“, die ‘alt’ bedeutet. Damit könnte Senuna ‘Die Älteste’ sein.
Ob das stimmt oder nicht, macht Senua’s Sacrifice nicht weniger interessant. Denn selbst wenn wir nur davon ausgehen, dass die Göttin Senuna Wasser, Weisheit und Familie verkörperte, so finden wir all das auch in Hellblade. So begibt sich Senua doch über einen Fluss, der die Kluft zwischen ihrer alten und ihrer neuen Welt verkörpert, auf die Suche nach Klarheit in der Hoffnung, ihren Verlobten wiederzufinden. Ob das tiefsinnige philosophische Aussagen trifft oder doch nur ein netter konstruierbarer Zusammenhang ist, kann uns am Ende aber wohl nur Ninja Theory selbst beantworten.
3 Antworten
[…] Senunas Opfergaben: Was Senuas Name in Hellblade zu bedeuten hat (languageatplay.net, Pascal Wagner) […]
[…] sollte auf jeden Fall bei Language at Play vorbeischauen. Allein diesen Monat schrieb Pascal über die Bedeutung von Senuas Namen in Hellblade und warf einen genaueren Blick in das Gesicht von Geralt von Riva und welcher Spruch dieses […]
[…] an den sogenannten Lorestones nordische Geschichten. Beide Vornamen haben eine sehr interessante Bedeutung. Solche Steine wurden in Großbritannien zwar nur in relativ geringer Anzahl gefunden, in […]