[Call] Board | Game | Play: Wechselspiele an den Schnittstellen zwischen digitalen und analogen Spielformen
Bis zum 31.10.2025 suchen Steffen Bogen, Michael Conrad und Maren Kraemer von der Universität Konstanz für einen Workshop zum Thema ‚Board | Game | Play: Wechselspiele an den Schnittstellen zwischen digitalen und analogen Spielformen‘ Beiträge für einen Workshop.

Analoges Brettspiel, Quelle: pexels, cottonbro studio
Call for Papers
Die Fragen der Spielforschung werden häufig von relativ strikten Unterscheidungen zwischen game vs. play (Salen/Zimmerman 2004:301-311) oder digital vs. analog geprägt (Beil/Hensel/Rauscher 2028). Doch gerade an den Schnittstellen solcher Dichotomien wird das schwer greifbare Potenzial des ‚Spielens‘ als Handlungskategorie deutlich. Fasst man game und play als ineinander verwobene Prozesse auf, ist es ein wenig wie bei Henne und Ei, und die Frage, wo man anfangen soll, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Eine durch den Deutschen Idealismus geprägte Sichtweise beginnt beim play als ‚freiem Spiel‘, das sich erst im Nachgang als institutionalisierte und übertragbare Spielform materialisiert (Schiller 2005: bes. 62f.; Kant 2003: 237; auch DeKoven 2002; oder, vergleichweise, die paidia bei
Roger Caillois 2017 [1958]). Umgekehrt wird in den Game Studies häufig eine Medialität des game untersucht, in der der Code eine Black Box darstellt, die im Spielen unangetastet und unsichtbar bleibt. Auch hier scheinen Translations- und Transformationsvorgänge zwischen play und game eher nachgeordnet und sekundär (Leschke/Venus 2007; Leschke 2010; Sicart 2014; Thon 2016). Anstelle strikter Trennung möchte der Workshop an einem verbindenden ‚Und‘ ansetzen und
Materialisierungs- und Transformationsvorgänge als beständiges Wechselspiel zwischen play & game sowie game & play beschreiben. Verbindliche Materialität und Medialität werden dabei ebenso aufeinander abgebildet wie differenzierte Wahrnehmung und Nutzung, ohne dass dieser Prozess vollständig zum Stillstand kommen und in einem sicheren
Ergebnis aufgehen würde (GamesCoop 2020; Beil u.a. 2022; Raczkowski 2022; Schmidt 2022; Liberati 2024; Bogen/Hauser 2024).
Mögliche zu bearbeitende Fragen wären (wobei es sich um keine vollumfängliche Liste handelt):
- Wie lassen sich die wechselseitigen Übersetzungsprozesse zwischen play und game beschreiben und interpretieren? Was bleibt von der zugrundeliegende Dichotomie übrig, wenn beim prototyping oder playtesting das Verhältnis zwischen game und play in jeder Partie, evtl. gar in jeder Runde, ständig neu ausgehandelt werden muss?
- Was verbindet und unterscheidet Vorstellungen und Definitionen des Materials, des Materiellen und der Materialisierung, in analogen, digitalen und anderen
Spielformen? - Wie lässt sich die Materialisierung von play im Designprozess analytisch als ein game fassen? „Designprozess“ kann hierbei sehr weit als jeglicher Prozess der Festlegung und Formierung von ‚freiem Spiel‘ in Richtung game gefasst werden, wie etwa auch beim Kinderspiel oder bei ‚Hausregeln‘.
- Während man game als ein durchstrukturiertes und rationalisiertes mediales Dispositiv auffassen könnte, sind Spiele hinsichtlich ihrer Erfahrungsdimension im play durch Unvorhersehbarkeit und mangelnde Planungssicherheit gekennzeichnet. Wie kann man diesen – logisch zunächst paradox wirkenden – Zusammenhang besser verstehen?
- Welche medienspezifischen Materialisationsformen von play lassen sich unterscheiden. Inwiefern lassen sich, neben offensichtlichen Unterschieden, auch Gemeinsamkeiten zwischen analogen und digitalen Spielformen finden?
- Welche Rolle spielen etwa Zählweisen oder bedingte Zahlen-Verkettungen für analoges oder digitales play bzw. game? Könnte die Betrachtung mathematischer Strukturen eine Perspektive darstellen, unter der beide Bereiche zusammenkommen?
- Inwiefern informieren Spezifika der Materialisationsprozesse in play und game die Möglichkeiten des transmedialen Austauschs zwischen analogen, digitalen und hybriden Spielformen?
Ein übergeordnetes Ziel des Workshops besteht darin, die Bedingungen und Möglichkeiten einer praxisorientierten Spieltheorie auf Basis einer Re-Evaluation von play auszuloten. Wie können Spielprozesse so beschrieben werden, das ihr doppeltes Potential deutlich wird, sich als game zu materialisieren und institutionalisieren, das game aber auch aufzubrechen und neu auszurichten? Die Frage ist, ob die so gewonnen Erkenntnisse die Grundlage einer, gemeinsamen, analoge und digitale Spielformen umfassende, Forschungsperspektive bilden können.
Mit dem Workshop laden wir zugleich an einen besonderen Ort ein. Konstanz ist zum einen die Heimat vieler Spieleentwickler*innen. Am Abend des Anreisetags soll daher ein Prototypen-Playtesting im Café Doppio veranstaltet werden. (u.a. mit Michael Palm, Autor von Dorfromantik und Thomas Sing, Autor von The Crew). Zum anderen wurde in Konstanz der Verein Spielraum Bodensee gegründet, der am 28. und 29. März 2026, also im Anschluss an unseren Workshop, zum zweiten Mal das überregionale Spielevent Konstanz spielt! veranstaltet. Auf der für alle Teilnehmenden offenen Veranstaltung können Besucher zwischen hunderten von Brettspielen wählen, um sie vor Ort zu spielen.
Organisatorisches
Die Tagung wird am Gamelab der Universität Konstanz stattfinden. Veranstalter sind Prof. Dr. Steffen Bogen, Dr. Michael Conrad und Maren Kraemer M.A. Bitte senden Sie uns bei Interesse einen Abstract von max. 300 Wörtern mit einer kurzen biographischen Angabe (max. 150 Wörter) bis zum 31.10.2025 an: gamelab@uni-konstanz.de. Nach einer Sichtung melden wir uns zum Ende des Jahres zurück. Bezüglich der Länge der Vorträge gibt es zwei
mögliche Formate: A) ein 30-minütiger Vortrag mit 15-minütiger Diskussion oder B) ein 20- minütiger Vortrag mit 10-minütiger Diskussion. Mittel für Reisekosten und Unterbringung während der Tagung stehen zur Verfügung.
Kontakt
Board | Game | Play:
Wechselspiele an den Schnittstellen zwischen digitalen und analogen Spielformen
Workshop an der Universität Konstanz
25.–27. März 2026
Universität Konstanz
Fachbereich Literatur- Kunst- und Medienwissenschaften
GameLab, Fach 157
Universitätsstr. 10
78457 Konstanz
E-mail:gamelab@uni-konstanz.de
steffen.bogen@uni-konstanz.de
michael.conrad@uni-konstanz.de
maren.kraemer@uni-konstanz.de
Literatur
Beil, Benjamin/Hensel, Thomas/Rauscher, Andreas (Hg.), Game Studies, Wiesbaden: Springer VS,
2018.
Beil, Benjamin/Freyermuth, Gundolf S./Schmidt, Hanns Christian/Rusch, Raven (Hg.), Playful
Materialities. The Stuff That Games Are Made Of, Bielefeld: transcript, 2022.
Bogen, Steffen, Mit dem Zufall spielen. Würfel, Karten, Zahlen, Quanten, Göttingen: kup 2024.
Booth, Paul, Board Games as Media. New York: Bloomsbury Publishing 2021.
Brown, Douglas/MacCallum-Stewart, Esther, Rerolling Boardgames. Essays on Themes, Systems,
Experiences and Ideologies. Jefferson: McFarland & Company, Inc. Publishers. 2020.
Caillois, Roger, Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch, Berlin: Matthes & Seitz, 2017 [1958].
DeKoven, Bernie, The Well-Played Game. A Playful Path to Wholeness, San José, New York u.a.:
Writers Club, 2002.
GamesCoop (Hg.), Navigationen (2020), 1: Spiel|Material. http://dx.doi.org/10.25819/ubsi/3590
Jaffe, Alexander, Understanding Game Balance with Quantitative Methods. Dissertation. University of
Washington 2013.
Kant, Immanuel, Kritik der praktischen Vernunft. Kritik der Urteilskraft. In: Ders., Werke, Bd. 5, Berlin:
Akademie-Verlag, 2003.
Leschke, Rainer, Medien und Formen: eine Morphologie der Medien, Konstanz: UVK, 2010.
Liberati, Nicola, Digital Entanglements and the Emergence of New Materiality. A Phenomenological
and Postphenomenological Analysis of Augmented Reality, Ariccia (RM): Mimesis, 2024.
Nohr, Rolf F., Die Natürlichkeit des Spielens: Vom Verschwinden des Gemachten im Spiel, Münster: Lit,
2008.
Raczkowski, Felix, „Paper and Polygon. Theming and Materiality in Game Studies and Game Design“,
Spielformen, Special Issue: Ludomaterialities, 2022, 13-28.
Rogerson, Melissa J./Gibbs, Martin/Smith, Wally: „More Than the Sum of Their Bits“, Brown,
Douglas/MacCallum-Stewart, Esther (Hg.): Rerolling Boardgames. Jefferson: McFarland, 88–
108.
Salen, Katie/Zimmerman, Eric, Rules of Play. Game Design Fundamentals, Cambridge, Mass./London,
UK: MIT Press, 2004.
Schiller, Friedrich, Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, Stuttgart:
Reclam, 2005.
Schmidt, Hanns Christian, „Papercrafting Utopia. Gaming Literacies from Bauhaus to Nintendo Labo“,
Spielformen, Special Issue: Ludomaterialities, 2022, 189-208.
Sicart, Miguel, Play Matters, Cambridge, Mass.: MIT Press. 2014.
Thon, Jan-Noël, Transmedial Narratology and Contemporary Media Culture, Lincoln/London:
University of Nebraska Press, 2016

