[CfP] Poison Paradise – Toxicity in Online Gaming Discourse
Beleidigungen, Belästigung, Drohungen, Hassrede, Aggression und Negativität – während das Internet neue und vielfältige Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten schafft, wird im
gesamtgesellschaftlichen Diskurs häufig die vermeintlich hohe Toxizität, mit der auf Online-Plattformen kommuniziert wird, fokussiert. Es handelt sich nicht nur um ein gesellschaftliches ‚Bauchgefühl‘, auch linguistische und interdisziplinäre Forschung (u.a. Hoffmeister 2023; Demus et al. 2022) hat sich bereits dem Phänomen toxischer Kommunikation angenommen. Mall et. al. (2020, 1) definieren „online toxicity […] as actions of a user or users that create a negative atmosphere for the other users of social media“, die Einstufung als ‚toxisch‘ geht dabei häufig mit einer normativ-negativen Wertung einher. Bezogen auf sprachliche ‚toxische‘ Mittel begegnet die Forschung (ein Überblick bei Nobata et al. 2016, 146-147) diesem Phänomen deshalb beispielsweise mit Lösungen wie algorithmischen Blocklisten (Zhou et al. 2021).

Quelle: Luis Quintero, Pexels.
Besonders Gaming Communities geraten in öffentlichen Diskursen häufig unter Toxizitätsverdacht – seien es semiotische Praktiken im Game wie Teabagging, Looten und Grieven, die Kommunikation im (Voice)Chat sowie auf Plattformen wie Twitch und Discord oder auch Diskurse über Games, die beispielsweise über soziale Netzwerke in die Gesellschaft
getragen werden. Videospiele sind mit einem stetig wachsenden Markt längst kein Nischenphänomen, bereits jetzt ist die Games-Industrie an ihrem monetären Wert gemessen
größer als die Film- und Musikindustrie zusammen (Dentsu 2024). Damit einher geht auch eine gestiegene gesellschaftliche Relevanz von Gaming sowie von Diskursen, die in und um Games geführt werden. Sie können beispielsweise für die politische Meinungsbildung, aber auch für die Etablierung neuer kommunikativer Praktiken relevant sein.
Der Vorwurf der Toxizität, der immer wieder gerade an Gaming-Communities gerichtet wird, kann jedoch übersehen, dass bestimmte ritualisierte Formen vermeintlich toxischen Verhaltens auch positiv im Sinne der Bildung von Gruppenidentität und Gemeinschaftsgefühl durch geteilte kommunikative Praktiken gelesen werden können (Saleem et al. 2016). Der Begriff der Toxizität muss daher differenzierter betrachtet werden.
Der geplante Sammelband soll Toxizität in der Gaming-Kultur mit Hilfe linguistischer und interdisziplinärer Zugänge fokussiert auf Phänomene der Kommunikation untersuchen.
Dezidiert erwünscht sind quantitativ und/oder qualitativ ausgerichtete (korpusbasierte) Analysen, die einen klaren methodischen und theoretischen Ansatz nutzen oder entwickeln. Die Beiträge können sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch verfasst werden und in ihrem Analysematerial verschiedene Sprachen und Modalitäten umfassen.
Mögliche Schwerpunkte der Beiträge
- Toxizität in Games (bspw. Online-Multiplayer Games, E-Sport)
- Toxizität in simultanen Metadiskursen (bspw. in Chats, Live-Streams)
- Toxizität in Diskursen über Games (bspw. in sozialen Medien, als Reaktion auf
Reviews) - Multimodale Formen von Toxizität
- Plattformspezifische Affordanzen und deren Auswirkung auf Toxizität
- intersektionale Betrachtungen von Toxizität (geschlechtsspezifisch, rassistisch,
queerphob, ableistisch, sexuelle Gewalt etc.) - Toxizität als politische Strategie
- Toxizität als Mittel der Identitäts-/Gruppenbildung bzw. Gatekeeping-Praxis
- Der Vorwurf der Toxizität als Delegitimierungspraxis
- Strategien gegen Toxizität/Counterspeech
Ablauf
Wir laden interessierte Forscher:innen aus Linguistik sowie anderen geistes-, kultur- und medienwissenschaftlichen Bereichen herzlich ein, einen Beitragsvorschlag (Abstract, max. 300 Wörter exkl. Literaturverzeichnis) bis zum 30.04.2025 an die Herausgeberinnen zu schicken. Eine Rückmeldung zu den Einreichungen erfolgt bis Mitte Mai, die fertigen Beiträge (ca. 30.000 Zeichen) sollen bis zum 01.10.2025 eingereicht werden. Die Veröffentlichung des Sammelbands (als Open Access Publikation) ist für 2026 geplant.
Herausgeberinnen
Tamara Bodden (Universität Kassel), Patricia Bau (Universität Kassel), Christina Liemann (Universität Kassel & Universität Magdeburg)
Tamara Bodden (Kassel): tamara.bodden@uni-kassel.de
Christina Liemann (Kassel/Magdeburg): christina.liemann@uni-kassel.de
Patricia Bau (Kassel): patricia.bau@uni-kassel.de
Weitere Informationen zum Call und englische Version: H-net