Mit dem Language Snack noch mehr Sprache genießen
Heute vor genau sechs Monaten kam unser erster E-Mail-Newsletter heraus, der Language Snack. Zuerst zwei-wöchentlich, inzwischen monatlich erreichen euch kostenlos Zusatzinhalte aus unserer Redaktion, die ihr auf dem Blog nicht findet. Diese bestehen einerseits aus einem Kurztext und einer Übersicht über unsere neuesten Veröffentlichungen, aber andererseits auch aus den aktuellsten Terminen und Veranstaltungen aus den Game Studies und einer kleinen Sammlung an interessanten Internet-Fundstücken.
In den Language Snacks ging es bisher beispielsweise um Sprachbarrieren in 11-11: Memories Retold, um frustrierende Ambient Dialogues in Metro: Exodus und um die Verbindung von Queerlinguistik und Game Studies. Manchmal erwarten euch wunderbare Titel wie Big Breastplated High Goth Girlfriend oder Zuberdirnen in deiner Allmende warten auf dich, die euch von Sprachverwendung und -wandel in Warhammer 40k oder Matsch und Mühsamkeit in Kingdom Come: Deliverance 2 erzählen. Um euch aber nicht nur zu teasern, bekommt ihr hier nun unsere inzwischen elfte Ausgabe des Language Snack in voller Länge, um euch selbst ein Bild zu machen.
Language Snack #11: Sprachidentität in 1000xResist
Im Spiel 1000xResist geht es um eine Science Fiction-Dystopie, in der die gesamte Menschheit durch ein außerirdisches Virus der Occupants ausgestorben ist. Alle bis auf eine Person: Iris. Diese klont sich und gründet eine Art Kult, die sie als Allmother anbeten. Innerhalb dieses Szenarios reist man durch ihre früheren Erinnerungen, einige davon noch vor der großen Katastrophe. Diese beinhalten ganz normale Interaktionen mit ihren Eltern, die noch vor Iris Geburt von Hongkong nach Kanada ausgewandert sind, oder Mitschüler*innen. In den Erinnerungen werden einige Probleme klar, die das Leben im neuen Land mit sich bringt. Sehr deutlich wird dies in einer Unterhaltung mit ihrer neuen Mitschülerin Jiao aus Hongkong wirft ihr in einer Szene an den Kopf: “Aren’t you Hongkonger?” und “Oh right, I keep forgetting you don’t speak Mandarin!”

Für ein Kind von Eltern mit Migrationserfahrung ist dies oft eine schmerzhafte Anmerkung. Immer versucht Iris, den Spagat zwischen der Sprache und Kultur ihrer Familie und der ihrer englischsprachigen Mitschüler*innen zu schaffen und gehört deswegen oft zu keiner “Seite” wirklich dazu. Sie spricht zum Beispiel kein Mandarin, was ich zunächst darauf geschoben habe, dass auch ihre Eltern sich besonders anpassen wollten und sich um Englisch zuhause bemüht haben. Mit Iris streuen sie nur einige spezielle kantonesische Begriffe ein. Später wurde mir aber noch etwas anderes klar: Ihre Eltern haben sich i bei Demonstrationen der “Regenschirm-Revolution” in Hongkong kennengelernt. Während Mandarin zwar damals auch schon eine der Amtssprachen war, sprachen doch deutlich mehr Menschen Kantonesisch. Im Jahr der Occupants, also 2047, scheint es sich allerdings umgekehrt zu haben, so dass Jiao sich überhaupt nicht vorstellen kann, dass jemand aus Hongkong sie nicht verstehen könnte. Deswegen spricht sie Iris immer wieder in Mandarin an, obwohl diese von ihren Eltern nur Kantonesisch gelernt hat. Ohne diese Kenntnisse ist sie für sie keine “richtige” Hongkongerin. Durch die mentale Verknüpfung von Herkunft und Sprachkompetenz wird ihre Identität infrage gestellt.

Ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht diese Verhältnisse im Details analysieren (Mehr zur Darstellung von Diaspora-Erfahrungen in 1000xResist könnt ihr bei Alexis Ong nachlesen: 1000xResist review – a deeply personal exploration of diaspora politics and psychology. Sister act.) Jedoch finde ich es spannend, wie wenige Worte es braucht, um diesen Hintergrund hineinzulesen, so dass diese trotz ihrer Einfachheit zu einem Vorwurf oder Ausdruck der Enttäuschung werden können.
– Jenni
Neueste Beiträge auf Language at Play
Mario Donick hat für einen Gastbeitrag sein Interview mit Fanübersetzer Popfan zur 1987er-Übersetzung des Hittitels Phantasy Star zur Verfügung gestellt.
Aurelia war beim Podcast Kritische Controller zu Gast und hat dort Recherchen im Rahmen ihrer Dissertation zum Thema Geschlechtergeschichte deutscher Spielemagazine bis 2000 vorgestellt. In der Folge spricht sie über die BRAVO Screenfun.
Termine
Auf languageatplay.de findet ihr stets eine Übersicht über die aktuellsten Calls und Game-Studies-Veranstaltungen. Hier einige der kommenden Highlights:
Calls
- Noch bis zum 1. Dezember läuft der Call für die 31. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft und Volkskunde mit dem Titel Gewalt. Praktiken – Strukturen – Konjunkturen.
- Curare, die Zeitschrift für Medizinethnologie fragt nach Abstracts zum Thema Abtreibung und Fehlgeburt: Narrative, Praktiken, Diskurse. Einreichen könnt ihr die bis zum 15. Dezember.
- Das interdisziplinäre Journal Age, Culture, Humanities sucht ebenfalls bis zum 15. Dezember Abstracts für eine Special Issue mit dem Titel Age(ing) Games: Technology, Play, and Age
- Ein neuer Call für Historiker*innen Digital History – Doing Cultural Heritage läuft bis zum 18. Dezember
- Auch Eludamos: Journal for Computer Game Culture lädt für eine Special Issue ein. Abstracts zum Thema What are antifascist Games? könnt ihr bis zum 19.12. einschicken.
- Bis zum letzten Tag des Jahres könnt ihr Abstracts für die Tagung Digital Subjectivities einreichen
- Immernoch werden bis zum 10. Januar Kurzbeiträge zu verschiedenen Themen zum Band Vom Staat der Amazonen bis Praios’ Zorn – die politische Ideengeschichte in der Welt von Das Schwarze Auge gesucht.
- Ganz neu veröffentlicht ist der Call zur Ludo 2026, der Conference on Game Music and Sound. Für Proposals habt ihr bis zum 20. Februar 2026 Zeit.
Veranstaltungen
- Gamepathy, die dritte Konferenz zu Empathie und Games, findet inklusive Game Jam vom 20. bis 22. November in Regensburg statt
- Der Arbeitskreis Geisteswissenschaften und digitale Spiele (AKGWDS) lädt zur Online-Jubiläumstagung zum Thema Spielkulturen ein. Zum Anlass seines zehnten Geburtstages könnt ihr online vom 28.-29. November Online-Vorträge und Panels besuchen. Am Roundtable “Gaming und Rechtsextremismus” ist auch “unsere” Aurelia beteiligt.
- Vom 10. bis 12. Dezember findet die Jahrestagung des Netzwerks Gender, Queer, Intersectionality und Diversity Studies in Bayreuth statt.
Fundstücke
Falls ihr eure Terminhinweise oder Fundstücke in Zukunft hier sehen oder einen Gastartikel über euer Wunschthema schreiben möchtet, könnt ihr uns diese per E-Mail oder Social Media zukommen lassen.
- Gerade Sandbox-Spiele wie RollerCoaster Tycoon bieten viele Möglichkeiten für kreative Verwendung. Tube Cody hat bei Youtube ein Video veröffentlicht, in dem die Wagen auf ihren Achterbahnen zum Lied Defying Gravity aus dem Wicked-Musical “tanzen”
- Im Spiel Tiny Bookshop empfiehlt und verkauft man gebrauchte Bücher. Eines davon ist “Games, Game Design und Game Studies” von Gundolf S. Freyermuth. So überraschend und random diese Buchnennung zunächst erscheint, so viel logischer wird sie, wenn man bedenkt, dass sowohl der Kölner Developer Neuludic Games als auch Freyermuth über das Cologne Game Lab miteinander verbunden sind und hier wohl ein Gruß rausgeht.

- Phyrexian, eine Sprache aus dem Magic: The Gathering-Universum, wurde nun genutzt, um in ihr einen sehr gutaussehenden Pro-Transition-Slogan zu schreiben. (Danke an @ladyartaud.bsky.social für die Verbreitung). Wie die Übersetzung funktioniert und welche Probleme es dabei gegeben hat, könnt ihr im Phyrexian Language-Redditforum nachlesen.

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